Berühmte Luxemburger gibt es wie Sand am Steinhuder Meer. Eines von diesen wahrscheinlich mit einer Hand zählbaren Sandkörnern ist Victor Ferreira aka Sun Glitters. Mit "Scattered Into Light" veröffentlicht das Ein-Mann-Computer-Orchester bereits das zweite Album.
Wobei: Ein-Mann-Computer-Orchester ist nur die Hälfte der Wahrheit. Die andere Hälfte hört auf den Namen Sara Cappai. Für sein zweites Album setzt der die meiste Zeit zurückgezogen für und vor sich hinwerkelnde Knöppedreher auf die vokale Unterstützung der italienischen Frontfrau vom Diverting Duo. Und macht damit einen zwar gewagten, am Ende aber lohnenden Schritt. Denn noch immer blubbern, wabern und rumoren die digitalen Einsen und Nullen auf "Scattered Into Light", dass es nur so eine Freude ist. Der Eindruck, den die dabei entstehenden Klang-Assoziationen hinterlassen, entspricht auf denkwürdige Weise dem, was der Projektnahme verspricht: Was da aufblitzt, funkelt und schimmert, das sind die Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg durch einen dichten Wald suchen.
Ferreiras Verdienst ist es, diesem visuellen Phänomen eine akustische Entsprechung an die Seite gestellt zu haben. Der fragmentarische und irgendwie unvollständige Charakter dieser Klangbilder gehört schon seit dem Sun Glitters Debüt zu dessen USP, zum Unique Sounding Point. Mit Cappais Hilfe allerdings verhilft er seinen ebenso irrlichternden wie flüchtigen Klänge zu mehr Sesshaftigkeit, Gewicht, Momentum. Wer jetzt glaubt, Sun Glitters sei wie Baths, Dntel oder Washed Out plus Dido, wird dennoch enttäuscht. Cappais Stimme bleibt von Ferreiras Manipulationen alles andere als unverschont. Er bearbeitet, verfremdet und rekontextualisiert diese Klangzutat wie jede andere auch. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass Cappais Stimme einen ungleich höheren Wiedererkennungswert hat. Und sich genau aus diesem Grund auch sehr viel dankbarer als roter Klangfaden einsetzen lässt.
Weil aber ein roter Klangfaden noch lange kein Album macht, hat Sun Glitters ein Problem. Die freiwillige Verschrobenheit seiner locker-losgelösten Rumpelbeats, deren rhythmische Ungenauigkeit in ihren besten Momenten an J Dilla erinnert ("Lonely Trip", "I, You, We ... Know"), drehen sich nur um sich selbst, scheinen kaum mehr als Selbstzweck. Das Fehlen wiedererkennbarer Songstrukturen macht Hörern das Memorieren, Mitsummen und –singen nicht leichter. Handelt es sich dann auch noch um klassische Instrumentals wie zum Beispiel "Feeling Young", ist man nicht mehr weit von Schneider TMs "Construction Sounds". Mitnichten ein unerwünschter Klangnachbar, aber eben einer mit großer Nähe zur so genannten Avantgarde. Und damit zu Klangkonzepten, bei denen mitunter wichtiger ist, was nicht erklingt; Sun Glitters Musik mag in viele Schubladen passen, in diese aber nicht. Fazit: Zwischen Baum und Borke, ist längst nicht alles knorke. - Join Music |